[46147 – Pflegestelle Oberhausen] Farbmaus Lennard – Die Glückspfote

Name: Lennard
Tierart: Farbmaus
Geschlecht: männlich, kastriert
Geburtstag: unbekannt
Farbe: weiß mit hellroten Erdbeeraugen
Beim Nagerschutz e.V. seit: 23.12.2020
Herkunft:
Abgabe von privat nach Haltungsaufgabe, zuvor Fundtier

„Hallo ich bin Lennard und ich würde dir gerne meine Geschichte erzählen“

Nicht viele Wesen auf der Welt erleben so viel Glück wie Lennard. Doch das wusste der weiße Farbmausmann zu Beginn seiner Reise noch nicht. Alles woran er sich erinnern konnte, war die Wärme und Geborgenheit, die er verspürt hatte, als er mit vollem Magen, im Nest seiner Mutter, mit seinen Geschwistern kuschelte, bevor Panik und Kälte alle seine Gedanken beherrschten.

Er konnte sich nicht mehr genau erinnern, wie es geschehen war. Er wusste das er Angst gehabt hatte und viel gerannt war. Doch jetzt war er ganz alleine. Er konnte weder seine Geschwister riechen, noch irgendwelche anderen bekannten Gerüche erkennen. Stattdessen stach ihm der Gestank von brummenden, riesigen Wesen mit schwarzen, runden Füßen in die Nase. Sie machten ihm Angst und er rannte über den harten, steinernen Boden vor Ihnen davon.

Hier war es so laut und kalt. Überall liefen riesige Wesen herum. Manche traten nach ihm und wollten ihn verscheuchen. Warum sie ihn nicht mochten, wusste er nicht. Am liebsten wäre er auch vor Ihnen davon gelaufen. Doch er konnte nicht mehr davon laufen. Irgendwann auf seiner Flucht, hatten ihn starke Schmerzen geschüttelt und jetzt konnte er nur noch humpeln. Jede Bewegung schmerzte und seine linke Hinterpfote, wollte sein Gewicht nicht mehr tragen.

Da beugte sich einer der Riesen zu ihm herunter. „Das ist mein Ende!“, dachte er und schloss vor Angst die Augen.

Doch die Frau sah in dem kleinen Kerl keinen Schädling, sondern ein Tier in Not, dass Hilfe brauchte. Sie schloss ihn vorsichtig in ihre warmen Hände und brachte ihn in Sicherheit. Sie erkannte die Schwere seiner Verletzungen und fuhr mit ihm zu ihrem Tierarzt. Lennard hatte nicht nur das große Glück von einer liebevollen, herzensguten Frau gefunden zu werden; bevor er auf der Straße Opfer eines Autos, einer Katze, des Hungers oder Ähnlichem wurde; nein, die liebe Frau kannte sich sogar mit Farbmäusen aus und wusste genau wie sie ihm helfen konnte, auch wenn sie dabei große Kosten auf sich nehmen musste.

Der weiße Farbmausmann merkte schnell, dass er sich geirrt hatte. Die Riesin wollte ihm nichts Böses. Sie tat ihm nicht weh und die Kälte verschwand. Sie trug ihn von der lärmenden, stinkenden Straße fort und gab ihm Futter und Wasser. Er war so erleichtert, dass ihm egal war wo sie ihn hinbrachte. Er konnte sich auch nicht mehr erinnern, wie lange sie unterwegs waren, bevor er in einem komisch riechenden Raum unter einer hellen Lampe auf einem noch komischeren Untergrund saß. Ein anderer Riese schaute ihn genauso besorgt an, wie es die nette Riesin tat.

Lennard“

Dieses Wort fiel öfter, während man ihn ansah. Seine Mutter hatte ihn anders genannt, aber so wie es klang, sollte dies sein neuer Name werden. Aber warum waren sie alle so besorgt? Es ging ihm doch schon viel besser? Doch auf diese Frage, fand er keine Antwort, bevor er so müde wurde, dass er die Augen schließen musste. Er wollte doch nur ein wenig schlafen. Ein kleines bisschen, jetzt wo es so warm war und sein Magen wieder voll war.

Lennards linke Hinterpfote war zertrümmert und musste unter Narkose amputiert werden. Auch sein Schwanz war gebrochen und musste verheilen. Zudem hatte die liebe Dame gemeinsam mit dem Tierarzt entschieden, dass es das Beste wäre ihn gleichzeitig auch schon zu kastrieren, dann müsse er nicht noch einmal dem Narkoserisiko ausgesetzt werden. Denn die Farbmauskennerin wusste, ein Böckchen hat es im Leben schwer. Ohne ein Kastration würde er unweigerlich früher oder später mit anderen Böckchen kämpfen, vielleicht sogar bis aufs Blut. Also würde er alleine ein einsames Leben fristen müssen, wenn er nicht kastriert wurde. Somit war die Entscheidung schnell getroffen.

Lennard selber merkte nicht viel von dem Eingriff. Als er wach wurde und sich gähnend streckte, lag er bereits wieder in der Box, in der die liebe Riesin ihn transportiert hatte. Weißes weiches glattes Zeug lag unter ihm und schmiegte sich an seine drei Pfoten. „Moment mal…..drei Pfoten?“, dachte er kurz erschrocken und schaute nach seiner linken Hinterpfote. Sie war weg! Doch sie tat auch nicht mehr weh. Der schlimme Schmerz war verschwunden und als er vorsichtig ein paar Schritte machte, merkte er erleichtert, dass sie ihm nicht fehlte und so konnte er wenig später den lieben Augen nicht böse sein, die ihn seltsam glitzernd ansahen.

Die Riesin nahm ihn wieder mit und als sie nach einiger Zeit wieder irgendwo ankamen, roch er gleich etwas, dass sein Herz höher schlagen ließ.

FARBMAUS

Er roch eindeutig nach Farbmaus. Waren es seine Geschwister? War es seine Mutter? Er versuchte aufgeregt die Quelle des Geruchs ausfindig zu machen. Doch er konnte nicht zu ihr. Einige Tage verbrachte er auf dem weißen, weichen Untergrund, indem man nicht graben konnte. Jeden Tag kam die liebe Riesin und gab ihm Leckerlies und andere komische Dinge. Manchmal schmerzte die Stelle an der seine Pfote fehlte, doch dann sah er die lieben Augen wieder und wusste das es Leckerlies gab und die Schmerzen wieder verschwinden würden. Er war einsam und doch war er glücklich.

Irgendwann, als er schon glaubte die Quelle des Farbmausgeruch nie finden zu können, kam die liebe Riesin und nahm ihn aus seinem Revier. Er wurde auf frisch riechenden Spänen abgesetzt und bevor er die neue Gegend erkunden konnte, kam der Farbmausgeruch wieder. Aufgeregt schlug sein Herz höher. Würde er jetzt seine Familie wiedersehen?

Doch es war nicht seine Familie. Es war eine wunderschöne Farbmausdame. Sie war so lieb zu ihm und erwärmte sein Herz vollständig. Er wusste das sie älter und weiser war als er. Anfangs hatte er so seine Zweifel gehabt, ob sie ihn wirklich mochte. Doch jetzt kuschelten sie schon lange zusammen. Sie waren aus dem kleinen Revier, indem sie sich kennen gelernt hatten umgezogen und hatten Stück für Stück gemeinsam die neue Gegend erkundet. Sie hatten gemeinsam Gänge angelegt und sich ein Lieblingshäuschen ausgesucht. Manchmal klaute er ihr das leckerste Korn, was die liebe Riesin ihn an diesem Tag gegeben hatte und an anderen Tagen klaute sie ihm das Korn. Doch sie konnten sich nie lange Böse sein. Eines Morgens schlief er neben ihr ein und dachte, dass er am Liebsten für immer jeden Morgen neben ihr einschlafen würde.

Doch leider war sein Glück nicht von langer Dauer. Eines Abends wachte er auf…doch seine liebe alte Freundin wachte nicht auf. Sie wachte nie wieder auf. Sie war gestorben. Das wusste er. Er konnte es riechen…Und jetzt… Jetzt war er wieder alleine. Plötzlich erschien ihm das große Revier nicht mehr wie ein Paradies. Alle ihre Gänge, Höhlen und Kletterspielzeuge waren nichts mehr Wert, weil sie nicht mehr da war. Alleine machte es keinen Spaß mehr. Nichts machte mehr Spaß. Niemand stahl ihm mehr ein Korn oder machte sich Sorgen, wenn er an die höchsten und kniffeligsten Stellen kletterte, trotz seiner fehlenden Pfote. Auch schaute die liebe Riesin wieder sehr besorgt. Er mochte sie sehr, aber sie war keine Maus. Sie konnte nicht mit ihm kuschelnd und auch keine Gänge mit ihm bauen.

Vielleicht wurde sie auch verrückt? Denn sie begann seinen Kot einzusammeln. Zumindest eine Zeit lang. Sie schaute auch immer trauriger. Sicherlich vermisste sie seine Freundin auch so sehr wie er. Ein paar Tage später kam sie wieder jeden Abend mit Leckerlies und auch komischem Zeug was eklig roch aber das war ihm egal.

Ständig juckte es ihn in den Pfoten und er musste sich immer wieder hinter den Ohren kratzen. Daraufhin brachte ihn seine Riesin wieder zu dem anderen lieben Riesen in den komisch riechenden Raum mit der hellen Lampe. Doch der Riese konnte keine Erkrankung feststellen und so zog er mit seiner lieben Riesin wieder zurück nach Hause.

Eines Tages holte sie ihn wieder mit Tränen in den Augen aus seinem Revier. Er glaubte sie würde wieder zu dem Riesen fahren mit ihm. Aber warum war sie dann so traurig? Auch hörte er fremde Stimmen.

Lennard konnte nicht wissen, dass seine Retterin bereits mit dem Gedanken gekämpft hatte, die Farbmaushaltung aufzugeben. Ihrer letzten Rentnerdame konnte sie mit Lennard Gesellschaft schenken und gleichzeitig sicher gehen, dass er wieder völlig gesund wurde. Dennoch war es keine leichte Entscheidung. Sie wollte nicht das Lennard einsam sein musste. Dieses Schicksal hatte sie ihm durch die Kastration ersparen wollen. Auch wollte sie nicht, dass er nach Allem was er erlebt hatte, versehentlich in schlechte Hände ging. Deshalb meldete sie sich schweren Herzens beim Nagerschutz e.V. Ohne zu zögern, sammelte sie ein paar Tage lang seinen Kot um ihn testen zu lassen. Leider stellte sich ein Wurmbefall heraus, weshalb Lennard länger allein bleiben musste, als es geplant war. Für sein Kratzen ließ sich leider keine körperliche Ursache mehr finden. Es musste die Einsamkeit sein, die an ihm nagte, weshalb es Jedem, der ihn kannte und mit ihm zu tun hatte erleichterte, dass er sich problemlos im Nagerschutz vergesellschaften ließ.

12 Krefelder Buben

Der weiße Mann roch die vielen Artgenossen und wurde wieder sehr aufgeregt. Sein Herz schlug höher und als er sie erblickte erstarrte er für einen Moment. „Die sehen ja alle aus wie ich ?!“, stellte er überrascht fest. Die 12 Krefelder Burschen, kamen neugierig auf ihn zu. Lennard war so glücklich über so viel Gesellschaft, dass er kaum Angst hatte, dass sie ihn verstoßen könnten oder ihn einfach nicht mögen würden. Kurz schloss er dennoch vor Angst, die Augen. Doch die Angst verflog schnell, als warme Zungen über sein Fell glitten und ihn gründlich wuschen. Er platze fast vor Glück. Sie verstießen ihn nicht, sie sahen fast alle aus wie er und sie mochten ihn nach ein paar Tagen sogar. Beinahe hätte er ja die drei bunten Kastraten übersehen in der weißen Masse.

Bunte Farbmäuse

So viele neue Rudelmitglieder kennen zu lernen, war gar keine leichte Aufgabe. Sie alle hatten ihren eigenen Charakter und ihren eigenen Rang im Rudel und es war nicht so einfach den richtigen Platz zu finden. Sie waren jünger als er und doch musste er ab und an den Kürzeren ziehen und sich ein Korn wegnehmen lassen, was er eigentlich unbedingt fressen wollte. Doch auch diesen Kerlen konnte er nicht böse sein.

Bei all dieser Aufregung vergaß er fast die liebe Riesin. Dafür schämte er sich sogar ein kleines bisschen. Doch er würde sie nie vergessen! Sie hatte ihn gerettet und ihn anschließend hierhin gebracht. Hier in dieses schöne Zuhause mit all den netten Riesen und Artgenossen. Es juckte ihn auch immer seltener in den Pfoten und er vergaß das Kratzen sogar für eine kleine Weile.

Doch als die ersten Artgenossen aus der Gruppe verschwanden, machte er sich wieder Sorgen. Waren sie gestorben? Aber es hatte keinen Geruch gegeben! Vielleicht hatte sie Jemand gefressen? Er konnte nicht wissen, dass sie in ein tolles Für-Immer-Heim gezogen waren. Im Rudel gab es wieder ein paar Unruhen, die frei gewordenen Rangplätze wurden neu verteilt. Er kratzte sich wieder öfter und wieder sahen ihn besorgte Augen an.

Das Rudel wurde langsam kleiner. „Ein neues Zuhause“. Diese Worte hörte Lennard immer wieder. Doch was war das? Warum mussten sie denn wieder weg? Würde es in dem neuen Zuhause so gut sein wie hier oder bei seiner Retterin? Das konnte er nicht wissen. Vielleicht waren da sogar Mäuse, die ihn nicht mögen würden. In seinem Alter und mit seiner fehlenden Pfote, würde er sie doch nicht besiegen können, wenn sie ihn nicht mochten.

Er kratzte sich wieder vermehrt und die Riesen redeten über ihn. Sie redeten viel über ihn und der eine Riese schaute auch immer so besorgt. Eines Tages sagte sie ihm: „Du bist jetzt ein Für-Immer-Schützling. Du musst nie wieder gehen und auch nie wieder Angst haben.“ Er leckte glücklich die Paste, während sie seine Krallen an der Hinterpfote kürzte.

Natürlich wissen wir nicht genau wie Tiere die Welt sehen und was sie denken und wie viel sie verstehen. Doch wir wissen, dass sie Schmerzempfinden haben. Wir wissen, dass sie Einsamkeit empfinden können. Wir wissen, dass sie Glück empfinden können. Wir wissen sogar, dass sie träumen können. Eine Farbmaus lebt nicht lange und kostet nur ein paar Euro im Geschäft. Aber das weiß die Farbmaus nicht. Für die Farbmaus ist diese kurze Lebenspanne ihr ganzes Leben. Das Gehege ist ihre ganze Welt.

Lennard hatte großes Glück von einer so liebevollen Dame gerettet zu werden, die keine Kosten gescheut hat. Jetzt bleibt er für immer hier. Seine fehlende Pfote macht ihm kaum Probleme. Er ist einer der begeisterten Kletterer überhaupt hier. Auch fällt er auf, da er durch den vielen menschlichen Kontakt bei Behandlungen sehr zahm geworden ist. Er lässt sich glücklicherweise stressfrei die Krallen schneiden und nimmt gerne Medikamente, da er es schon gewohnt ist Leckereien dafür zu bekommen. Da er wahrscheinlich sein Leben lang weiter behandelt werden muss, ist er jetzt ein Für-Immer-Schützling und wir achten darauf ihm ein so stressfreies, restliches Leben wie möglich geben zu können.

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