Was tun, wenn man nicht weiter weiß

Ein Notfall, das klingt furchtbar. Und machen wir uns nichts vor: das ist es auch.
Bei medizinischen Notfällen und Feuer rufen wir die 112, bei anderen Notsituationen (Einbruch, Überfall, …) die 110. Da sitzen geschulte Leute, die uns helfen.

Doch was ist ein „tierischer Notfall“? Wie entsteht er? Und – wer kann in der Situation helfen?

Notfälle entstehen in der Regel ohne eigenes Verschulden!
Oft genug erlebt man als Halter, dass ein Tier bereits trächtig einzieht, und eines schönen Morgens piepst es im Käfig und man sieht sich vielen kleinen Baby-Fellnäschen gegenüber.
Oder man verzichtet aus Unwissenheit auf die Überprüfung der Geschlechter, wenn neue Tiere einziehen. Man vertraut der Aussage des Vorbesitzers, weil man an das Gute in den Menschen glaubt.

Ich habe während meiner Tätigkeit im Tierschutz bereits mehrere solcher Notfälle erlebt, zum Teil auch selbst bei der Auflösung mitgewirkt.

Frauchen besitzt drei Tiere, holt zwei weitere hinzu. Alles Männchen, so sagte man ihr. Der pflichtbewusste Kontrollblick bestätigte das: ja, alle Tiere haben da unten einen Schnippi. Passt also.
Drei Monate später bekommen drei der Tiere Babys. Kleine, pelzige Erdnüsse wuseln durch den Käfig. Um der gewachsenen Anzahl der Tiere gerecht zu werden, kauft Frauchen einen weiteren Käfig und trennt schließlich. Männer zu Männern, Frauen zu Frauen. Glaubt sie.
Zwei Monate später wiederholt sich das Spiel, erneut piepsen kleine Babys lauthals in den Käfigen. Frauchen kauft weitere Käfige, trennt wieder. Ihr Wohnzimmer steht voll, hinten und vorne fehlt das Geld. Und schon wieder piepsen neue Babys in einem Käfig … das geht jahrelang so.

Frauchen liebt ihre Tiere, kann und will sie nicht weggeben. Erst als eine Bekannte den örtlichen Tierschutz informiert, weil sie erkennt, dass die Situation aus dem Ruder gelaufen ist, bekommen Frauchen und ihre Tiere Hilfe.

Diese Einleitung könnte man so für nahezu alle Notfälle, bei denen ich beteiligt war, kopieren. Eine Blaupause für die Katastrophe sozusagen. Erlebt habe ich das insgesamt 4 x, von unzähligen weiteren Malen habe ich „nur“ gehört. Ob die Tiere die ganze Wohnung für sich erobert und bereits in den Polstermöbeln oder Wänden ihre Nester gebaut hatten, ob die Tiere in winzigen Käfigen vor sich hin vegetierten, ob sich konkurrierende Männchen in einer solchen Situation totgebissen oder schwer verletzt hatten, sind beliebige Variablen, die je nach Fall zutrafen – oder auch nicht.

Gemeinsam haben all diese Notfälle eins: am Anfang steht der überforderte und hilflose Halter. Es ist ein Irrglaube, dass die meisten Notfälle aus übermäßiger bewusster Vermehrung entstehen. Kein Zweifel, solche gibt es sicherlich auch – über den großen Hamster-Notfall in Troisdorf hatten wir berichtet.
Viel öfter ist es jedoch so, dass eine private Haltung aus dem Ruder läuft, obwohl der Besitzer der Tiere alles für seine Fellnasen tun würde und fest davon überzeugt ist, auch das Beste für sie zu tun.

Gerade Letzteres macht es uns als Tierschützern so schwer, den Leuten zu helfen. Immerhin müssen wir ihnen zu ihrem und dem Wohl der Tierchen ihre Lieblinge in nicht unerheblicher Zahl wegnehmen. Immerhin sagen wir ihnen (direkt oder indirekt), dass die Tiere bei ihnen nicht gut untergebracht sind. Sie fühlen, dass wir über die Zustände entsetzt sind, vielleicht erkennen sie selbst, in was für einem Chaos sie sich befinden. Sie sehen, dass Tiere verletzt und krank sind, wenn wir diese separieren und zum Tierarzt bringen, nur um vielleicht ohne sie wieder zurückzukehren.

Meine Bitte an Euch als Tierbesitzer: wenn bei Euch etwas schief läuft, wenn Ihr nicht versteht, wie eine Gruppe Männchen auf einmal Babys bekommen kann, wenn Ihr Hilfe braucht: meldet Euch bitte frühzeitig. Es ist keine Schande, zuzugeben, dass man selbst nicht weiter kommt. Die Sesamstraße lehrte uns als Kinder: „Wer nicht fragt, bleibt dumm!“
Das gilt im Erwachsenenalter genauso weiterhin. Keiner kann alles wissen, aber es gibt immer irgendwo jemanden, der genau das weiß, wo Ihr nicht weiter kommt. Wir helfen Euch gerne. Und obwohl es für tierische Notfälle keine dreistellige Telefonnummer gibt – [important]Euer nächster Tierschutzverein, das nächste Tierheim oder auch der Nagerschutz e. V. sind nur eine eMail von Euch entfernt![/important]

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