Verhalten

Farbmäuse verstehen - "Mäusesprache"

Farbmäuse kommunizieren untereinander ständig durch verschiedene Quieklaute, die aber so hochfrequent sind, dass sie für Menschen nicht wahrnehmbar sind. Nur wenige ihrer Laute sind für das menschliche Ohr hörbar. Zusätzlich kommunizieren sie über Gesten. Die wichtigsten dieser Gesten und hörbaren Laute werden nachfolgend aufgelistet.

Putzen: Farbmäuse sind sehr reinliche Tiere und putzen ihr Fell mehrmals täglich durch Wischen mit den Vorderpfoten, Kratzen und Ablecken. Auch gegenseitiges Putzen kann man in Farbmausgruppen häufig beobachten. Dabei  leckt eine Maus bei einer anderen Maus hauptsächlich die Stellen ab, die diese selbst nur schwierig erreichen kann, wie beispielsweise den Nacken- und Kopfbereich. Gegenseitiges Putzen stärkt den Gruppenzusammenhalt, ist jedoch nicht immer automatisch nett gemeint. Es kann auch eine Dominanzgeste sein, bei der die putzende Maus manchmal sogar so rabiat vorgeht, dass kahle Stellen im Fell entstehen. Sollte es so weit kommen, solltest du unbedingt genau beobachten, ob die Gruppe noch harmonisch ist.

Männchen machen: Farbmäuse sind sehr aufmerksame Tiere, die ihre Umgebung stets im Auge behalten. Hören oder sehen sie etwas Interessantes oder Ungewöhnliches machen sie Männchen, um die Umgebung genau in Augenschein zu nehmen. Dabei drehen sie die Ohren in die Richtung, aus der das Geräusch kam.

Schwanzschlagen: Aufgeregte oder unruhige Mäuse schlagen mit dem Schwanz auf dem Boden. Das dadurch verursachte Geräusch soll die anderen Mäuse der Gruppe warnen und ist gleichzeitig eine Drohgebärde gegenüber dem, was die Maus als Gefahr ausgemacht hat.

Fiepsen: Die meisten Quiek- und Fieplaute der Farbmäuse sind zu hochfrequent, um vom menschlichen Ohr wahrgenommen zu werden. Hörbar ist allerdings das sogenannte Putzfiepen, das eine Maus von sich gibt, während sie von einer anderen geputzt wird. Damit fordert sie die putzende Maus auf, weiter zu machen, kann ihr aber auch mitteilen, wenn es zu fest oder an der falschen Stelle ist.
Ebenfalls gut hörbar für das menschliche Ohr ist das Fiepsen aus Angst, das beispielsweise sehr scheue oft von sich geben, wenn sie gefangen werden oder bei Streitereien in der Mäusegruppe zu hören ist, und das Fiepsen, mit dem die Maus Schmerzen äußert.


Schnattern: Farbmäuse, die schnattern, tuckern oder knacken, leiden in der Regel an einem Atemwegsinfekt. Diese Geräusche werden häufig fälschlicherweise als Meckern oder Schimpfen interpretiert. Farbmäuse äußern ihren Unmut aber niemals durch derartige Geräusche. Geräusche, die sich wie „tuk tuk tuk“, „pfft, pfft, pfft“ oder ähnlich anhören, sind immer krankhafte Atemgeräusche. Die betroffene Maus sollte unbedingt so schnell wie möglich einem fachkundigen Tierarzt vorgestellt werden.

Vergesellschaftung

Da Farbmäuse absolute Gruppentiere sind und eine Gruppengröße von 4 Tieren nicht dauerhaft unterschritten werden sollte, steht man als Farbmaushalter früher oder später vor dem Problem, dass die Farbmausgruppe erweitert werden muss. Mit der richtigen Vorgehensweise sind Farbmausvergesellschaftungen in der Regel problemlos und gehen in den allermeisten Fällen gut aus.

Gruppenzusammensetzung

Bei der Gruppenzusammensetzung gibt es nicht viele Regeln. Die wohl wichtigste ist, dass Böcke unbedingt kastriert werden müssen. Unkastrierte Böcke untereinander bekämpfen sich bis auf den Tod. Sollten sie auch anfangs friedlich sein, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie anfangen zu streiten. Dies kann zu bösen Verletzungen oder auch dem Tod einzelner Mäuse führen und ist somit keinesfalls eine Dauerlösung! Um auch den Böcken ein artgerechtes Leben zu ermöglichen, sollten sie also schnellstmöglich kastriert werden.

Kastraten untereinander können bei der Vergesellschaftung schonmal recht ruppig miteinander umgehen. Bei Mäuseböcken, die erst sehr spät kastriert wurden, kommt es auch immer wieder vor, dass sie sich auch nach der Kastration nicht mit anderen Kastraten vertragen. Diese sollten in einer Weibchengruppe der Hahn im Korb sein dürfen.
Kastraten, die sehr früh kastriert wurden, bevor sie die typischen Streitereien erlebt haben, sind in der Regel sehr verträglich und können auch gut in reinen Kastratengruppen gehalten werden.

Reine Weibchengruppen galten lange als der Schlüssel zum Erfolg, dies ist allerdings nicht ganz richtig. Im Alter von 3-4 Monaten kommen Weibchen in die sogenannte Zickenphase. In dieser Zeit können vermehrt Streitigkeiten auftreten, die in seltenen Fällen auch dazu führen können, dass die Gruppe getrennt werden muss. Nicht selten sind auch ältere Weibchen noch wahre Zicken. Streitereien unter Weibchen enden selten mit schweren Verletzungen oder dem Tod eines Tieres, leichte Bissverletzungen können allerdings schon auftreten.

Ein oder mehrere Kastraten bringen meist Ruhe in zickige Weibchengruppen. Viele Leute sagen, dass die Anzahl der Weibchen in der Gruppe deutlich überwiegen sollte, allerdings können auch Gruppen mit Kastratenüberschuss gut funktionieren. Kleingruppen funktionieren gut mit 1-2 Kastraten und 4-6 Weibchen.

Selbstverständlich gibt es kein Patentrezept. Jede Maus ist ein Individuum und somit ist auch jede Vergesellschaftung ein bisschen anders. Nur eines ist sicher: Gruppen von unkastrierten Böcken funktionieren nicht.

Neben der Geschlechtsverteilung spielt auch die Anzahl der Mäuse in den verschiedenen Gruppen eine Rolle. Es macht keinen nennenswerten Unterschied, wie viele Kleingruppen miteinander vergesellschaftet werden. Eine einzelne Maus in eine bereits bestehende, große Gruppe zu vergesellschaften, ist allerdings schon deutlich schwieriger und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Hier empfiehlt es sich, die einzelne Maus zunächst mit einem kleinen Teil der späteren Gruppe zu vergesellschaften und nach etwa einer Woche die Teilgruppen zusammenzuführen.

Vorbereitungen des Geheges und des Inventars

Bevor die Vergesellschaftung starten kann, müssen das Gehege und das gesamte Inventar gründlich gereinigt und geruchsneutralisiert werden. Dazu wird am besten alles mit warmen Essigwasser abgewaschen. Auf einen Eimer Wasser kommt ein guter Schuss Essig oder etwas weniger Essigessenz. Das Wasser sollte nach Essig riechen, allerdings darf der Geruch nicht in der Nase brennen. Anschließend alles nochmals mit klarem Wasser abspülen!

Erstes Kennlernen

Ist nun die passende Gruppenzusammenstellung gewählt und sind alle Mäuse fit und bereit für die Vergesellschaftung, kann es losgehen. Für das erste Kennenlernen ist die Badewanne gut geeignet. Sie bietet neutralen Boden und ausreichend Fläche, damit sich die Mäuse auch mal aus dem Weg gehen können. Die Mäuse sollten möglichst gleichzeitig in die Badewanne gesetzt werden. Wichtig ist, dass sie nur unter Beobachtung in der Badewanne sind, da sie auf den Rand springen und entkommen könnten. Anfangs wird es nun ein großes Gewusel geben. Die Mäuse werden vermutlich zunächst die Umgebung erkunden, bevor sie sich beschnuppern und kennenlernen. Dabei kann es auch schonmal den ein oder anderen Quietscher geben, das ist ganz normal und noch kein Grund zur Sorge. Eingreifen muss der Halter nur, wenn es zu bösen Beißerein kommt und die Mäuse sich kugeln. Hier ist allerdings Vorsicht gefragt, um nicht selbst von den Mäusen gebissen zu werden. Ein dicker Handschuh könnte ratsam sein. Nach einiger Zeit werden die Mäuse ruhiger und legen sich schlafen – im besten Fall alle auf einen Haufen. Nun ist der richtige Zeitpunkt, die Mäuse wieder einzufangen und mit dem nächsten Schritt weiterzumachen.

Da die Badewanne lediglich zum ersten Kennenlernen dient, für die weitere Vergesellschaftung aber keinen großen Unterschied macht, kann diese Station auch weggelassen werden. Dann bildet der folgende Schritt die erste Station der Vergesellschaftung. Absolut sinnvoll ist die Badewanne allerdings bei alten Mäusen oder Mäusen mit schlechten Erfahrungen. Das könnten zum Beispiel Böcke sein, die erst spät kastriert wurden und die Kämpfe in den Bockgruppen gewohnt sind. Durch die Rückzugsmöglichkeiten, die die große Fläche mit sich bringt, kann unnötiger Stress vermieden werden.

Sollte keine Badewanne vorhanden sein, kann auch ein ausreichend großer Karton genutzt werden. Hierbei muss allerdings unbedingt darauf geachtet werden, dass die Mäuse den Karton nicht annagen und eventuell entwischen können.

Der erste Schritt – kleine Fläche

Nach dem ersten Kennenlernen werden die Mäuse nun in einen kleinen Käfig oder ähnliches gesetzt. Die Fläche sollte nicht größer als 30x40cm (oder vergleichbar) sein. Für die ersten Schritte einer Vergesellschaftung eignet sich gut ein Aquarium, welches man einfach mit einem Brett abtrennen kann. Optimal wäre natürlich, wenn die Vergesellschaftung direkt im abgetrennten Endgehege beginnen kann, um den Mäusen den Umzugsstress zu ersparen. Der Käfig wird mit neutralem Streu ausgestattet. Wichtig ist, dass die Streuschicht nicht zu hoch ist, damit die Mäuse sich nicht eingraben. Schutz soll lediglich die Gruppe bieten. Auf Inventar wird in diesem Schritt ebenfalls komplett verzichtet, nur Futter und Wasser sollte selbstverständlich zur Verfügung gestellt werden.

Von nun an ist es wichtig, darauf zu achten, dass alle Mäuse gemeinsam auf einem Haufen schlafen, um den neuen Gruppengeruch anzunehmen. Bei sehr großen Gruppen bilden sich meist mehrere Haufen, dies ist auch nicht weiter schlimm, vorausgesetzt, die Mäuse wechseln zwischen den Haufen und keine Maus wird ausgestoßen. Gegebenenfalls sollten die Mäuse sanft geweckt und liebevoll zu den anderen geschubst werden.

Durch den geringen Platz werden Streitigkeiten und Jagereien vermieden. So kann ein gemeinsamer Gruppengeruch entstehen, der die Mäuse zusammenschweißt. Gibt es nun später mehr Platz, sind sich die Mäuse nicht mehr fremd und Streitereien sind nicht mehr nötig.

Die Mäuse bleiben nun 24 Stunden auf der geringen Fläche, vorausgesetzt, sie sind friedlich. Sollten sie streiten oder trotz sanftem Schubsen nicht gemeinsam schlafen, bleiben sie weitere 24 Stunden auf dieser Fläche. Dazu im Folgenden mehr.

Die weitere Vorgehensweise: schrittweise Vergrößern und Gabe von Inventar

Im weiteren Verlauf der Vergesellschaftung wird die Fläche des Käfigs nun nach und nach vergrößert und langsam auch Inventar gegeben, bis der Endkäfig vollständig freigegeben und eingerichtet ist. Hierbei gilt die Faustregel „Eine Veränderung pro Tag“, vorausgesetzt die Mäuse sind friedlich. Natürlich liegt es nahe, Mitleid mit den armen Mäusen zu haben, die auf so kleiner Fläche aufeinanderhocken müssen. Ein schnelleres Vorgehen wird sich allerdings später mit großer Wahrscheinlichkeit rächen, da selbst die friedlichste Gruppe plötzlich auseinanderfallen kann. Um dies zu vermeiden, ist es also sehr wichtig, lieber einen Tag länger mit der nächsten Veränderung zu warten, als zu schnell vorzugehen. Ist die Gruppe nicht friedlich, wird mit der nächsten Veränderung einen weiteren Tag gewartet, solange, bis die Gruppe friedlich ist. Kommt es zu schlimmen Streitereien, die eventuell sogar durch die letzte Veränderung verursacht wurden, ist es sinnvoll, nochmal einen Schritt zurückzugehen und die letzte Veränderung rückgängig zu machen.

Eine Veränderung ist entweder ein kleines Stückchen mehr Platz oder ein Inventarteil. Zu den Inventarteilen zählt auch Streu, Heu und anderes Nistmaterial. Verschiedene Inventarteile haben auch ein unterschiedlich hohes Streitpotenzial. So sollten in der Anfangsphase der Vergesellschaftung Sachen wie Nistmaterial (Heu, Papierschnipsel, etc.), mehr Streu und Kletteräste oder Seile, die keine Versteckmöglichkeit bieten, gegeben werden. Anschließend können Weidenbrücken und große Häuschen mit mehreren Eingängen gegeben werden. Es ist sinnvoll, möglichst lange nur einen einzigen Unterschlupf anzubieten, um dafür zu sorgen, dass die Mäuse so lange wie möglich gemeinsam schlafen. Kleine Unterschlüpfe und Laufräder haben hingegen ein hohes Streitpotenzial und sollten erst gegen Ende der Vergesellschaftung gegeben werden.

Grundsätzlich ist es sinnvoll, Platzvergrößerungen und Inventarzugabe zu mischen. Jedoch reagiert jede Gruppe anders auf die verschiedenen Veränderungen, sodass es ratsam sein könnte, zunächst den Platz zu vergrößern und nur wenig oder gar kein Inventar zu geben. Es gibt auch Gruppen, die auf Platzvergrößerungen sehr empfindlich reagieren. In solchen Fällen sollte die Fläche nur in ganz kleinen Schritten vergrößert werden.

Sollte während der Vergesellschaftung ein Umzug in ein anderes Gehege notwendig sein, muss das benutzte Streu unbedingt zumindest teilweise mitgenommen werden, damit die Mäuse ihren Geruch wiedererkennen. Auch Inventarteile sollten nach Möglichkeit nicht gereinigt werden. Die Vergesellschaftung ist erfolgreich beendet, wenn die Mäuse friedlich im Endgehege angekommen sind und die vollständige Einrichtung vorhanden ist.

Wann ist eine Vergesellschaftung gescheitert?

In seltenen Fällen kann es trotz der richtigen Vorgehensweise vorkommen, dass sich die Mäuse einfach nicht verstehen. In diesem Fall ist es besser, die Gruppe zu trennen. Jedoch ist nicht jede Vergesellschaftung, die nicht wie am Schnürchen läuft, gleich verloren. Manchmal ist einfach ein wenig oder auch etwas mehr Geduld gefragt, bis es am Ende doch noch eine harmonische Gruppe wird. Gibt es nach 2 bis 3 Wochen jedoch keinen nennenswerten Fortschritt oder wird eine Maus dauerhaft, trotz Rückschritte oder sogar einen Neustart der Vergesellschaftung, ausgeschlossen, sollte die Gruppe getrennt werden. Wann dieser Schritt letztendlich gegangen werden muss, ist allerdings auch bei jeder Gruppe anders und sollte nach Bauchgefühl entschieden werden.

Bei individuellen Problemen und Fragen kannst du dich natürlich gern an unsere Ansprechpartner wenden, die dir mit Rat und Tat zur Seite stehen. In unserem Blog findest du außerdem ein detailiertes Beispiel einer Farbmausvergesellschaftung:
Farbmausvergesellschaftung – Tagebuch

 

 

Häufige Fehler

Zu schnelles Vorgehen: Der wohl häufigste Fehler ist, dass der Halter zu großzügig ist und mit den Veränderungen nicht lange genug wartet, mehrere Veränderungen an einem Tag vornimmt oder die Veränderung einfach zu groß ist. Auch, wenn die Mäuse friedlich scheinen und nicht länger als nötig in zu kleinen und nicht eingerichteten Übergangsgehegen sitzen sollen, tut man ihnen damit keinen Gefallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die vielen vorschnellen Veränderungen nach einiger Zeit rächen, ist sehr groß und endet meist mit einem Neustart der Vergesellschaftung. Sie ist dann also nicht schneller vorbei, sondern dauert sogar noch länger. Deshalb lieber immer dran denken: „Eine Veränderung pro Tag“!

Trenngittermethode: Bei der Trenngittermethode sitzen die Tiere im gleichen Käfig, jedoch durch ein Gitter getrennt. Diese Methode ist für Farbmäuse nicht geeignet, da sie die Maus auf der anderen Seite sehen können, jedoch nicht zu ihr gelangen und die Rangordnung klären können. Somit werden Aggressionen geschürt, die sich entladen, wenn die Mäuse irgendwann ohne Trenngitter aufeinander treffen. Desweiteren kann sich kein gemeinsamer Gruppengeruch bilden, wenn die Tiere nicht zusammen schlafen können. Die Trenngittermethode hat bei Farbmäusen also eher einen negativen Effekt und sollte deswegen unbedingt vermieden werden.

Käfigwechselmethode: Bei der Käfigwechselmethode werden die Tiere in den Käfig der jeweils anderen Gruppe gesetzt. Der Tausch wird in regelmäßigen Abständen wiederholt. So sollen die Mäuse sich an den Geruch der anderen Gruppe gewöhnen, bevor sie den Tieren begegnen. Für Farbmäuse bedeutet das hingegen lediglich unnötigen Stress, da ein gemeinsamer Gruppengeruch entstehen muss, der nichts mit den Gerüchen der einzelnen Gruppen zu tun hat. Es kann sogar sein, dass die Mäuse bei der Zusammenführung erhöhte Aggressionen zeigen, da sie die Tiere der anderen Gruppe als Eindringlinge in ihrem Revier sehen, denen sie nun endlich begegnen, um sie zurechtweisen zu können. Auch von dieser Methode sollte bei Farbmäusen also unbedingt Abstand genommen werden.