Ähnlich wie bei allen anderen Nagern hat sich in den vergangenen Jahren die „Zucht“ besonders ausgefallener Farben bei Degus rasant entwickelt. Dabei kann man nur begrenzt von einer „Zucht“ sprechen, da die meisten selbsternannten „Hobbyzüchter“ lediglich Tiere unterschiedlicher Farben miteinander verpaaren, ohne über die Genetik oder die Vorfahren der Tiere etwas zu wissen. Es gibt keine übergreifende Regelung, keine Zuchtverbände oder -kontrollen. Jeder, der möchte, kann Degus vermehren und sich Züchter nennen!
Dies ist die Vorgeschichte von Tieren wie Hanni und Sandmann, die gerade in der Vermittlung stehen.
Bei Sandmann merkt man sehr deutlich, dass besondere Farben nicht immer ohne anderweitige Probleme einhergehen: mit anderen Degumännchen verträgt er sich gar nicht. Für ihn ist jetzt die Kastration die letzte Chance – wir wünschen ihm, dass er sich mit Degudamen besser versteht und so ein schönes Für-Immer-Zuhause mit charmanten Ladies finden kann!
Tiere aus „Farbzuchten“ sind häufig nicht richtig sozialisiert, da ihre „Züchter“ sie bereit mit 5-6 Wochen von der Familie trennen, um sie als Babys verkaufen zu können. Logischerweise fehlt diesen Tieren dann die Erziehung, die in der Zeit bis zur 8. oder 9. Lebenswoche hauptsächlich stattfindet. Sie sind durch ihre fehlende soziale Prägung auf erwachsene Degus in der Teenager-Phase häufig anderen Degus gegenüber sehr ruppig und verstehen die normale „Degusprache“ nicht.
Auch weisen bunte Degus häufig gesundheitliche Auffälligkeiten auf. Wie Hanni sind sie oft weit mickriger als die wildfarbenen Artgenossen, oft sind Stoffwechselprobleme oder Zahnfehlstellungen noch zusätzliche Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben. Manchen bunten Degus fehlt die arttypische Schwanzquaste ganz, andere (Männchen) haben so große Hoden, dass diese deutlich sichtbar sind und, wenn die Tiere laufen, über den Boden schleifen.
Natürlich können auch bunte Degus liebevolle Gruppentiere sein, man sollte sich jedoch immer darüber im Klaren sein, dass bei ihnen derartige Schwierigkeiten auftreten können. Entsprechend sollte der Halter sie akribisch regelmäßig wiegen und ihr Fressverhalten im Auge behalten.
Nicht zuletzt sollte man sich vor der Anschaffung von Degus die Frage stellen, ob sie denn wirklich bunt sein müssen? Auch die wildfarbenen Tiere lernt m an zu unterscheiden, weil sie unterschiedliche, wenngleich weitaus subtilere individuelle Merkmale aufweisen. Und in der Regel lohnt es sich nicht, einem der ahnungslosen „Hobbyzüchter“ Unsummen an Geld für die Tiere zu zahlen: erfahrungsgemäß sind sie für den neuen Besitzer ihrer Tiere bei auftretenden Problemen einfach nicht mehr erreichbar. Da ist das Geld als Spende bei Tierschutzvereinen und Deguhilfen, die bunte Degus gegen dieselbe Schutzgebühr abgeben wie wildfarbene, besser aufgehoben … zumal man dort auch noch eine umfangreiche (Nach-)Beratung inklusive bekommt!