Ein Erfahrungsbericht zur Vergesellschaftung einer Meerschweinchengruppe
In großzügiger Außenhaltung lebten bisweilen eine 3er Gruppe und eine 4er Gruppe (jeweils ein Kastrat plus Weibchen) getrennt voneinander. Am 21.07.2014 verstarb dann plötzich und unerwartet der Kastrat Eddy von der 4er Gruppe. Es traten Überlegungen auf wie:
- Den Platz wieder besetzen durch einen Kastraten, da die Mädels sehr unruhig wurden?
- Oder die Gruppen zusammenführen, mit dem vorhandenen Kastraten und 5 Weibchen?
Ich habe mich für die Zusammenführung der Gruppen entschieden, da die Lauffläche dann größer wird und die Gehegegestaltung (mehr Unterschlüpfe) ansprechender.
Nun ging es an den Umbau
Das Innengehege
Es wurde eine größere Öffnung im Innenbereich gesägt, damit die Tiere von einer Seite zur anderen wechseln können. Groß genug, damit mehrere Tiere hindurch passen. Außerdem ist es nun möglich von beiden, vorhandenen Röhren in den Außenbereich zu gehen, ohne das es Stau gibt.
Das Außengehege
Im Außengehege wurde der Zwischendraht entfernt und ein großes Gehege entstand.
Vorbereitung zur Vergesellschaftung
Die Vergesellschaftung soll in ihrem insgesamt 9,85 qm2 großen Gehege stattfinden. Warum?
Das Wichtigste bei der Vergesellschaftung ist, dass die Meerschweinchen genügend Platz haben, um sich aus dem Weg zu gehen und flüchten können!
Der Innen- und Außenbereich wurde gründlich gereinigt. Dies desinfiziert und verdeckt Gerüche.
Die Unterschlüpfe wurden grundsätzlich so belassen, da ein blindes und altes Meerschweinchen vorhanden ist und eine vertraute Umgebung benötigt. Außerdem gibt dies auch den anderen Tieren Sicherheit, auch wenn der bisherige Stamm-Ruheplatz mit der neuen Rangordnung ausdiskutiert werden muss. Das Gehege wurde mit Einrichtungsgegenständen gestaltet, durch welche die Meerschweinchen hindurch rennen können. Unterstände, Pappröhren und große Häuser, die auf jeder Seite einen großen Eingang (mindestens 2) besitzen. Dies ist wichtig, damit die Einrichtung nicht zu Fallen (Sackgassen) und zwangsläufig zu Kämpfen führt.
Futterstellen: Da die Gruppe sich vergrößert und es nicht zu Streitigkeiten und Ausschluß eines Tieres kommt, werden 3 große, feste Heustellen angeboten und zwei großügige Frischfutterstellen im Außenbereich.
Im Gehege vorhandenes Futter weckt Aufmerksamkeit und lenkt ein wenig ab und gestresste Tiere können sich mit Futter ablenken.
Gut zu wissen ist, dass man bei einer Vergesellschaftung ein deutlich größeres Verhaltesrepertoire seiner Tiere zu sehen bekommt, als im ganz normalen Alltag.
Die Zusammenführung
Die ersten Stunden
- Die Tiere wurden alle zeitgleich in das Gehege gesetzt.
- Reges, gelaufe und vor sich hin gemuige im Innen- und Außenbereich. Noch nie war so viel Aktion vorhanden wie jetzt!
- Die Meerschweinchen taten erstmal so, als wäre kein „Neuling“ da, diese wurden wegignoriert und das „neue“ Gehege erkundschaftet.
- Es wurde gefressen.
- Dann wurden die anderen Tiere entdeckt. Folgendes Verhalten fand statt:
Kennlern-Verhalten:
Sie beschnüffelten sich, d.h. zuerst trafen sich die Nasen und schnüffelten im Gesicht oder der Po wurde beschnuppert. Es wird bemerkt das es ein Fremder ist: Fremde Meerschweinchen werden unmittelbar an ihrem unbekannten Geruch als fremd identifiziert.
Rangklärung:
Sie wollen sich nun nicht nur kennenlernen. sondern auch gleich klarstellen, wer welchen Rang in der Gruppe hat. Nun schlugen manche Meerschweinchen mit ihren Köpfen hoch und fingen zum Teil an mit den Zähnen zu klappern. Viele liefen dann einfach los, um die Konfrontation erstmal schnell zu beenden. Der Kastrat Adam hat es vorgezogen lange hinterherzulaufen und aufzureiten. Dabei hat er intensiv gebrommselt. Adam gelang das Aufreiten der Weibchen. Damit ist der Rang geklärt.
Unter sich haben manche Weibchen, die Köpfe hochgerissen und sich gegenseitig weg gejagt oder aufgeritten.
Andere wiederrum haben sich seitlich, laut fiepsend gegenüber gestellt, oft mit Zähneklappern zum drohen. Auch hier wurden die Köpfe gehoben und versucht sich anzuspringen und zuzuschnappen. Anschließend gingen die Tiere auseinander, ohne Verletzungen.
Bei der direkten Konfrontation zweier Weibchen konnte ich häufig beobachten, dass eines der Beiden ein zunächst leises „muigen“ zu einem immer lauter werdenden Fiepen steigerte. Dieses fiepen wurden von dem Weibchen gezeigt, dass keine Drohgebärden gezeigt hat, jedoch von einem anderen Weibchen in die Enge gedrängt oder sogar bedroht wurde.
- Deutliche Abneigungen hätten sich aber bereits hier schon herausgestellt.
Die ersten Tage
- Immer wieder wurde laut gemuigt und wild durch das Gehege gejagt. Die Rangordnungsstreitigkeiten dauern an.
- Zwei Weibchen nächtigen scheinbar im geschützen Außenbereich. Sie wurden vom Kastraten nicht in den Innenbereich gelassen. Sie erhielten ihr Futter im Außenbereich. Nach zwei Tagen war dies vorbei.
- Adam schien erschöpft. Er hat nun als Haremswächter deutlich mehr zu tun! 😀
Nach 14 Tagen
- Adam hat seine bisherige Hauptfrau, auch in der neuen Gruppenzusammenstellung, behalten.
- Zwischen dem Meerschweinchenweibchen Affair und weiteren zwei gleichaltrigen Weibchen ist der Rang noch nicht geklärt. Affair stellt sich immer seitlich in den Weg und fiept. Es kommt zu einer kleinen Bissverletzung an der Nase von Affair. Die Gruppe wird nun wieder intensiver beobachtet.
Wichtig ist: Bis eine neue Rangfolge endgültig geklärt ist und die Gruppe harmonisiert, können mehrere Wochen vergehen.
Heute
Die Rangordnung ist geklärt und Ruhe eingekehrt.
Jeder Einzelne lebt in der großen Gruppe richtig auf! Selbst die drei schüchternen Tiere, trauen sich nun in der Großgruppe mehr zu und fressen aus der Hand bzw. klauen bei der Fütterung etwas aus der Futterschüssel. Es wird gemeinsam gespielt und erkundet.
Ich bin überzeugt, ab einer Gruppengröße von mehr als vier Tieren ist ein Meerschweinchenleben erst so richtig erfüllt und spaßig. Frei nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark!